„Skalpell bitte — und Laserlicht!“
perationen im Gehirn sind invasiv und heikel. Doch eine neue Methode macht es möglich, höchst präzise und schonend Tumorgewebe im Gehirn zu bekämpfen — mit Laserlicht. Chirurgen am Universitätsspital Zürich waren unter den Ersten in Europa, die dieses Verfahren nun angewendet haben.
Das Gehirn hat ungefähr 85 Milliarden Nervenzellen, die mithilfe von komplizierten Vernetzungen alle Prozesse im Körper steuern. Sie machen es möglich, dass wir die Welt um uns herum wahrnehmen und in ihr agieren können. Deshalb muss man extrem feinfühlig sein, wenn man im Gehirn operiert.
Dieses Problem löst ansatzweise die „stereotaktische Laserablation“. Mit ihrer Hilfe können Neurochirurgen bösartige Tumore im Gehirn bekämpfen, und zwar ohne dabei gesundem Gewebe zu schaden. Das Verfahren wird bereits seit einigen Jahren in den USA eingesetzt, wo die Neurochirurgen des Züricher Krankenhauses die Operation gelernt haben. Allerdings wurde dies erst vor einigen Wochen in Europa zugelassen.
„Stereotaktisch“ bedeutet, dass der Eingriff im Gehirn durch MRT- und computerunterstützte Zielführungssysteme ganz genau kontrolliert wird. So können bereits seit Längerem Nadelbiopsien durchgeführt werden, um Gewebeproben zu entnehmen — allerdings erforderte die Bekämpfung von Tumoren bisher immer eine offene, und somit deutlich invasivere, Operation.
Doch nun kann ein Laserkatheter an die Stellen im Gehirn geschoben werden, wo sich ein Tumor ausbreitet. Dazu ist lediglich ein winziges Bohrloch im Schädel sowie ein drei-Millimeter-kleiner Schnitt in der Kopfhaut notwendig. Durch das Licht des Lasers erwärmt sich die Katheterspitze, die das umliegende Gewebe abtötet. Die Patienten stehen dabei unter Vollnarkose. Das tote Gewebe kann dann vom Körper abgebaut werden.
Bild: Medtronic
Der gesamte Prozess wird von einem MRT-Scanner überwacht, der alle vier Sekunden die Temperatur des Gewebes ermittelt. Der Bereich des abgestorbenen Gewebe kann dann präzise berechnet werden: ob Gewebe abstirbt hängt nämlich davon ab, welchen Temperaturen das Gewebe für wie lange ausgesetzt ist. So können die Chirurgen genau sehen, ob sämtliches Tumorgewebe zerstört worden ist. Das unabsichtliche Abtöten von gesundem Gewebe stellt kein Risiko dar, denn der Prozess wird automatisch abgebrochen sobald die Grenztemperatur überschritten wird. Diese kann für verschiedene Bereiche im Gehirn ganz spezifisch festgelegt werden. Auch Infektionen können vermieden werden.
Trotz dieser Vorteile wird das Verfahren die konventionelle, offene Gehirnoperationen nicht ersetzen. Die Laserablation ist nämlich lediglich für tiefe Eingriffe geeignet, die eine gewisse Größe nicht überschreiten. Der Laser kann nur Gewebe im Radius von einem Zentimeter des Katheters abtöten. Das heißt, Tumore die breiter als zwei Zentimeter sind, müssten theoretisch mithilfe von mehreren Kathetern gleichzeitig behandelt werden.
Die Laserablation stelle also keine Revolution dar, teilte der stellvertretende Direktor der Klinik für Neurochirurgie, Dr. Oliver Bozinov, mit. Dennoch handle es sich um eine sehr gute Ergänzung. Die ersten Operationen am Universitätsspital Zürich waren ein voller Erfolg. Nach dem gleichen Prinzip können tiefe Läsionen im Gehirn also auch zukünftig schonend mit Laserlicht bekämpft werden.
Originale Pressemitteilung:
www.usz.ch/news/medienmitteilungen/Seiten/181129-MM-Erste-Hirnoperationen-am-USZ-mit-stereotaktischer-Laserablation.aspx