Sanfte Landung für RoboBee
Die Ingenieure des Harvard Microrobotics Laboratory haben RoboBee mit einem zuverlässigen Landegestell ausgestattet, das von einem der besten Landesysteme der Natur inspiriert wurde: nämlich von den Beinen der Kranichfliege. | © Foto: Eliza Grinnell / Harvard SEAS Communications

Sanfte Landung für RoboBee

9. Mai 2025 | von Thorsten Naeser

RoboBee hat einiges auf dem Kasten. Der flinke Miniroboter des Harvard Microrobotics Laboratory hat längst bewiesen, dass er wie Insekten fliegen und schweben kann. Aber was nutzen Flugfertigkeiten ohne eine sichere Landemöglichkeit? Nun haben die Ingenieure RoboBee mit einem zuverlässigen Landegestell ausgestattet, das von einem der besten Landesysteme der Natur inspiriert wurde: nämlich von den Beinen der Kranichfliege. 

Das Team um Robert Wood an der John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences (SEAS), hat den Flugroboter RoboBee mit langen, gelenkigen Beinen ausgestattet, die ihm den Übergang von der Luft zum Boden erleichtern. Der Roboter hat zudem eine verbesserte Steuerung erhalten, die ihm hilft, beim Anflug abzubremsen, was zu einem sanften Aufsetzen führt. Die Verbesserungen schützen die empfindliche Elektronik, die durch äußere Kräfte bei unsanften Landungen und Kollisionen leicht beschädigt werden kann.

Bislang war die Landung für RoboBee kritisch, weil der Roboter nur ein Zehntel Gramm wiegt und eine Flügelspannweite von drei Zentimetern hat. Frühere Versionen litten unter einer Instabilität infolge der Luftwirbel, die von den schlagenden Flügeln verursacht werden - ähnlich wie die von Hubschrauberrotoren erzeugten Windböen, die mit voller Wucht auf den Boden treffen.

„Wenn wir früher landen wollten, schalteten wir das Fahrzeug kurz über dem Boden ab, ließen es einfach fallen und beteten, dass es sicher aufkommt“, erklärt Christian Chan, der die mechanische Neukonstruktion des Roboters leitete.

Die erfolgreiche Landung jedes fliegenden Objekts hängt von der Minimierung der Geschwindigkeit bei der Annäherung an die Oberfläche und dem schnellen Energieabbau nach dem Aufsetzen ab. Abbildung: Harvard Microrobotics Laboratory

„Die erfolgreiche Landung jedes fliegenden Objekts hängt von der Minimierung der Geschwindigkeit bei der Annäherung an die Oberfläche und dem schnellen Energieabbau nach dem Aufsetzen ab“, sagt Nak-seung Patrick Hyun, Assistenzprofessor an der Purdue University. „Selbst mit den winzigen Flügeln von RoboBee ist der Bodeneffekt nicht zu vernachlässigen, wenn er nahe an der Oberfläche fliegt. Nach dem Aufprall kann es noch schlimmer werden, wenn er abprallt oder taumelt.“

Die Ingenieure ließen sich von der Natur inspirieren, um Verbesserungen für einen stabilen Flug und eine anmutige Landung auf verschiedenen Untergründen zu entwickeln. Ihr Augenmerk fiel auf die Kranichfliege, ein langsam fliegendes Insekt, das oft mit einer riesigen Mücke verwechselt wird. „Die Größe und Skalierung der Flügelspannweite und Körpergröße unseres Fluggeräts ist der Kranichfliege ähnlich“, so Chan.

Die Forscher stellten fest, dass die Kranichfliege über lange, gelenkige Fortsätze verfügt, die den Insekten die Fähigkeit verleihen, ihre Landung zu dämpfen. Kranichfliegen zeichnen sich außerdem durch ihre kurzen Flüge aus. Ein Großteil ihrer kurzen Lebenszeit als Erwachsene verbringen sie mit dem Landen und Starten.

Anhand von Exemplaren aus der Datenbank des Harvard Museum of Comparative Zoology erstellte das Team Prototypen verschiedener Beinarchitekturen und entschied sich für ein Design, das der Beinsegmentierung und Gelenkanordnung der Kranichfliege ähnelt.

Die winzige Größe von RoboBee und ihre insektenähnlichen Flugfähigkeiten bieten faszinierende Möglichkeiten für Anwendungen, darunter Umweltüberwachung und Katastrophenschutz. Foto: Eliza Grinnell / Harvard SEAS Communications

„RoboBee ist eine hervorragende Entwicklung, um die Schnittstelle zwischen Biologie und Robotik zu erforschen“, sagt Alyssa Hernandez, die am Harvard Department of Organismic and Evolutionary Biology die Fortbewegung von Insekten untersucht. „Die Inspiration aus der erstaunlichen Vielfalt der Insekten bietet uns unzählige Möglichkeiten, den Roboter weiter zu verbessern. Umgekehrt können wir diese Roboterplattformen als Werkzeuge für die biologische Forschung nutzen und Studien erstellen, die biomechanische Hypothesen testen“, erklärt sie weiter.

Das Ziel ist die vollständige Autonomie von RoboBee, Die winzige Größe von RoboBee und ihre insektenähnlichen Flugfähigkeiten bieten faszinierende Möglichkeiten für Anwendungen, darunter Umweltüberwachung und Katastrophenschutz. Eine von Chans Lieblingsanwendungen ist die künstliche Bestäubung - man stelle sich Schwärme von RoboBees vor, die in vertikalen Farmen und Gärten der Zukunft herumschwirren.

Originalpublikation:

Nak-seung P. Hyun, Christian M. Chan, Alyssa M. Hernandez and Robert J. Wood

Sticking the landing: Insect-inspired strategies for safely landing flapping-wing aerial microrobots

Science Robotics, 16 Apr 2025, Vol 10, Issue 101

DOI: 10.1126/scirobotics.adq30