Neon-Grün im Mondschein
Unter zusätzlicher UV-Beleuchtung mit max. 365 Nanometer Wellenlänge fotografiert, fluoreszieren einige Körperpartien des Wüstengeckos Pachydactylus rangei intensiv neon-grün. | © Foto: David Prötzel

Neon-Grün im Mondschein

22. Januar 2021 | von Thorsten Naeser/SNSB

Der afrikanische Gecko Pachydactylus rangei leuchtet unter UV-Licht. Seinen bisher unbekannten Fluoreszenzmechanismus haben Münchner Zoologen entdeckt.

Der Wüstengecko Pachydactylus rangei aus Namibia leuchtet unter UV-Licht intensiv neon-grün. Er besitzt fluoreszierende Streifen an seinen Körperseiten und um die Augen. Das haben Wissenschaftler der Zoologischen Staatssammlung München, der Ludwig-Maximilians-Universität und der Hochschule München entdeckt. Aus der Perspektive der Tiere sind diese Merkmale gut sichtbar. Sie dienen vermutlich als Erkennungssignal für Artgenossen. Die Forscher entdeckten, dass es sich um Fluoreszenz der Haut handelt, die durch besondere Pigmentzellen mit Guaninkristallen verursacht wird. Dieser Mechanismus und die erstaunliche Stärke der Fluoreszenz waren bisher bei Landwirbeltieren unbekannt.

Der afrikanische Gecko Pachydactylus rangei leuchtet unter UV-Licht. Seinen bisher unbekannten Fluoreszenzmechanismus haben Münchner Zoologen entdeckt.

Es ist ein faszinierendes Leuchten, das viele Lebewesen eigenständig erzeugen. Die Biofluoreszenz ist vor allem bei Tiefsee-Meeresorganismen bekannt. Meeresbewohner mit dieser Fähigkeit nehmen Licht einer bestimmten Wellenlänge auf und verwandeln es, um es in einer anderen Farbe wieder abzustrahlen und damit vor allem zu kommunizieren. Bei Landwirbeltieren wurde dieses Phänomen erst in den letzten Jahren vermehrt entdeckt. Bei Reptilien und Amphibien wird die Fluoreszenz entweder durch Knochen oder durch Fluoreszenz-Moleküle in der Lymphflüssigkeit unter der Haut verursacht.

„Bei den Wüstengeckos musste ein neuer Mechanismus vorliegen. Die deutlich neon-grün fluoreszierenden Muster entstammen ganz klar der Haut“, sagt Dr. David Prötzel, Erstautor der Studie. Durch Zufall ist Prötzel auf das Phänomen gestoßen. Seit zehn Jahren pflegt und erforscht er die Geckos in der Staatssammlung. Dann hielt er einfach einmal eine UV-Lampe über die Tiere. Die Überraschung war groß, als die Geckos zum Leuchten anfingen. Er und seine Kollegen fanden schließlich heraus, dass in den fluoreszierenden Bereichen der Haut des Wüstengeckos Pachydactylus rangei zahlreiche spezielle Pigmentzellen, sogenannte Iridophoren, eingelagert sind, die in den nicht-fluoreszierenden Bereichen fehlen. Iridophoren leisten durch die Reflektion von Licht einen entscheidenden Beitrag zur Färbung der Haut von Geckos und auch anderen Echsen. Nun konnte zum ersten Mal bei Landwirbeltieren gezeigt werden, dass manche Iridophoren auch fluoreszieren. „Dieser Effekt ist wesentlich stärker als die knochenbasierte Fluoreszenz, die wir vor drei Jahren bei Chamäleons entdeckt haben und ist eines der stärksten Fluoreszenzphänomene, die bei Landwirbeltieren beobachtet wurden“, erklärt Dr. Frank Glaw, Kurator für Reptilien und Amphibien an der Zoologischen Staatssammlung München.

Bei Tageslicht sind die Geckos mit ihrer sandbraunen Färbung perfekt auf dem Wüstenboden getarnt. Bei ihren nächtlichen Wanderungen durch die Namib-Wüste haben die Geckos als Lichtquelle nur das Mondlicht zur Verfügung. Dessen blauer Anteil wird von den fluoreszierenden Hautbereichen aufgenommen und als heller wirkendes, neon-grünes Licht wieder abgestrahlt. Als wären ihre Flanken mit einem Textmarker hervorgehoben, besitzen die Geckos unter UV-Licht einen deutlich sichtbaren Signalstreifen.

Weshalb so viele verschiedene Tierarten unter UV- und Blaulicht fluoreszieren, ist unklar. „Bei einigen der bisher bekannten fluoreszierenden Wirbeltiere handelt es sich wohl um einen Zufall. Beim Wüstengecko dagegen spricht die Stärke und die Anordnung der fluoreszierenden Bereiche um die Augen und seitlich an den Flanken dafür, dass das Leuchten als Signal für Artgenossen dient, das vielleicht auch aus größerer Entfernung gut wahrgenommen werden kann“, folgert Dr. Mark D. Scherz, Evolutionsbiologe an der Universität Potsdam.

 

Originalpublikation:

Prötzel, D., Heß, M., Schwager, M., Glaw, F. & Scherz, M.D. (2021).

Neon-green fluorescence in the desert gecko Pachydactylus rangei caused by iridophores.

Sci Rep 11, 297 www.nature.com/articles/s41598-020-79706-z