Magie in fünf Millisekunden
Interview
eine Fotos geben faszinierende Einblicke in die Welt des Mikrokosmos, und Dr. Igor Siwanowicz weiß ihn uns in seiner ganzen Schönheit näher zu bringen. Siwanowicz ist Neurobiologe am Janelia Research Campus des Howard Hughes Medical Institute in Ashburn, Virginia (USA), seine Leidenschaft aber ist die Naturfotografie. Auf spektakuläre Weise präsentiert er Insekten, Pflanzen oder Mikroorganismen, wie zum Beispiel Algen. Dazu nutzt er entweder die konventionelle Makrofotografie oder aber auch ein Konfokalmikroskop, das feinste Strukturen sichtbar macht und ein Farbenfeuerwerk entzündet. Siwanowicz hat bereits mehrere Preise für seine Fotografien gewonnen. Auf Photonworld zeigt er uns ein paar seiner schönsten Bilder und erzählt von seiner Arbeit.
"Fotografie ist eine Art von Beschäftigungstherapie für mich"
Auf Augenhöhe mit seinen "Modellen": Der Naturfotograf Dr. Igor Siwanowicz.
Wann begann Deine Leidenschaft für Naturfotografie?
Ich begann mit dem Fotografieren, als digitale Technologien erschwinglich wurden und man mit Digitalkameras schon qualitativ hochwertige Bilder machen konnte. Ich war immer zu ungeduldig für Analogkameras oder um Techniken aus Büchern zu erlernen. Die digitale Technologie ermöglicht sofort Ergebnisse und Korrekturen. Die Lernkurve ist deshalb sehr steil, und es verursacht keine zusätzlichen Kosten, wenn etwas mal nicht klappt. Fotografie ist eine Art von Beschäftigungstherapie für mich, weil es sehr erdend ist, wenn innerhalb von fünf Millisekunden Magie entsteht.
Was für Techniken nutzen Sie beim Fotografieren?
Meine Mikroaufnahmen werden mit einem Konfokalmikroskop aufgenommen, einer Bildtechnik, die Laser zum Scannen von dreidimensionalen Proben nutzt. Zuerst spritze ich einen Farbstoff in die Strukturen, die mich interessieren. Dann regt der Laser die Farben an, bis sie Licht aussenden - das ist die gleiche Technik, mit der man auch Schwarzlicht-Poster aus den 70er Jahren zum Leuchten bringt. Das Mikroskop, das das Licht aufnimmt, macht mehrere Fotografien von der kleinen Probe, indem es sie Punkt für Punkt scannt. Da aber die Probe wesentlich dicker ist als die Fokusebene, wird eine Bildserie - auch “stack” genannt - erzeugt, indem die Probe hoch und runter bewegt wird. Aus diesen optischen “Scheiben” kann dann ein dreidimensionales Bild der Strukturen innerhalb der Probe rekonstruiert werden.
Um wie viel vergrößert sehen wir die Motive auf Ihren Fotos?
Ich nutze keine sehr hohen Vergrößerungen - die meisten Bilder in meiner Sammlung wurden mit einer 10x Objektivlinse aufgenommen, das heißt die Motive wurden um das Hundertfache vergrößert. Ich nutze aber auch 20x, 25x und 40x Objektivlinsen, die entsprechend also eine 200-, 250- bzw. 400-fache Vergrößerung erzeugen. Manche Proben müssen aufgrund ihrer Größe “gekachelt” werden - also viele Male als überlappende “stacks” gescannt werden, die später dann zusammengeführt beziehungsweise -gesetzt werden.
Wie bearbeitest Du Deine Fotos?
Bildbearbeitungsprogramme wie z.B. Photoshop sind genauso Teil meines Arbeitsprozesses wie die Kamera. Ich manipuliere oder verändere den Bildgegenstand nicht, von den Fällen einmal abgesehen, wo ganz offensichtlich Photoshop eingesetzt wurde. Aber ich justiere die globalen und lokalen Kontraste und den Farbraum, bis ich zufrieden bin. In der Hinsicht bin ich definitiv kein Purist!
Ornamente des Lebens werden Dr. Igor Siwanowicz gekonnt in Szene gesetzt.
Fotografen spielen mit Licht. Gibt es Unterschiede zwischen den Lichteinstellungen in der Makrofotografie und konventioneller Fotografie?
Die Lichteinstellung in der Makrofotografie ist ungefähr die gleiche wie in der traditionellen Fotografie. Ich nutze eine Variante des Three-Point Lighting, die im klassischen Fotostudio aus einem Schlüssellicht besteht, das auf das Motiv gerichtet wird, dem Gegenlicht, auch Kantenlicht genannt, das auf der einen Seite des Motivs eine hellere Umrisslinie erzeugt und ein Fülllicht, um Schatten abzumildern und starke Kontraste zu reduzieren. Zusätzlich verwendet man oft ein Licht im Hintergrund, um die Kulisse hinter dem Motiv zu beleuchten. Da der Aufbau in der Makrofotografie wesentlich kompakter ist, reichen zwei Blitzlichter aus, um die Szene zu beleuchten. Mein Gegenlicht ist oft auch mein Hintergrundlicht und, falls notwendig, kann ich es mit einem Stück Papier reflektieren, um so das Fülllicht zu imitieren. Ich benutze einen Infrarotlicht-Transmitter, um die Blitzlichter auf den einzelnen Licht-Stativen zu kontrollieren. So kann ich die Lichtquellen bewegen und auch ihre Wirkung kontrollieren
Es ist essentiell, das Blitzlicht zu verteilen, vor allem, wenn man Bilder von Insekten macht; ihre Exoskelette sind oftmals sehr glänzend und man möchte am Ende nicht mit überbelichteten Bildern dastehen. Eine Abschwächung kann dadurch erreicht werden, dass man relativ kleine Softboxen benutzt. Man verbindet sie direkt mit dem Blitzlicht. Der ganze Aufbau - zwei Blitzlichter mit jeweils eigenem Stativ, Lichtdiffusoren und ein Set Hintergrundbilder - passen leicht in einen mittelgroßen Rucksack. Seit neuestem nutze ich häufiger natürliches Licht; da die Intensität niedriger ist als die der Blitzlichter, sind längere Belichtungszeiten notwendig und die Motive dürfen sich nicht bewegen.