Laserlicht als Blitzableiter
Mit einem starken Laser kann man ebenfalls Blitze unschädlich machen kann. | © TRUMPF / Martin Stollberg

Laserlicht als Blitzableiter

27. Januar 2023 | von Thorsten Naeser

Ein internationales Physikerteam hat einen Hochleistungslaser als Schutz vor Blitzeinschlägen auf dem Schweizer Berg Säntis getestet.

Gewitter sind faszinierende Naturgewalten. Manche Gewitterwolken entladen sich mit bis zu einer Milliarde Volt auf die Erde. Das Schauspiel kann gewaltige Dimensionen annehmen. Bis zu einigen hundert Kilometern kann so eine Entladung lang sein. Dabei entsteht ein Kanal ionisierter, auf bis zu 30.000 Grad aufgeheizter Luftmoleküle, deren Explosion den Donner verursacht. Sogar Antimaterie und Gammastrahlen werden bei starken Blitzen freigesetzt.

Keine Frage, dass das für den Menschen gefährlich werden kann. Doch mit einem geerdeten Metallstab fand Benjamin Franklin um 1752 einen Weg, die gewaltigen Blitzenergien dorthin abzuleiten, wo sie keinen Schaden anrichten. Das System funktioniert gut bei einzelnen Gebäuden. Allerdings stoßen Franklin-Blitzableiter an ihre Grenzen, wenn es darum geht, ausgedehnte Infrastrukturen wie Flughäfen, Raketen-Startrampen oder auch Kraftwerke über ihre gesamte Fläche hinweg abzuschirmen.

Für ihr Experiment installierte eine internationale Forschungsgruppe von Physikern im Sommer 2021 einen Hochleistungslaser auf dem rund 2.500 Meter hohen Säntis in den Schweizer Alpen.

Alternativen müssen her. Die gibt es tatsächlich mittlerweile, um Blitzeenergien gefahrlos abzuleiten. Und zwar mit Laserlicht. Das hat jetzt ein Forscherteam der Polytechnischen Hochschule in Paris und der Universität Genf, in Zusammenarbeit mit der Firma TRUMPF Scientific Laser, bewiesen. Mit einem starken Laser kann man ebenfalls Blitze unschädlich machen kann.

Für ihr Experiment installierten die Physiker im Sommer 2021 einen Hochleistungslaser auf dem rund 2.500 Meter hohen Säntis in den Schweizer Alpen. Das Lasersystem erzeugt pro Sekunde rund 1000 energiereiche infrarote Laserpulse und feuert sie in den Himmel. Dadurch erzeugt der Laser eine Art „Kanal“ in Gewitterwolken, ein so genanntes Laser-Filament. Sobald sich ein Blitz aus der Gewitterwolke entlädt, lässt dieses Laser-Filament den Blitz durch den vorgegebenen Kanal kontrolliert auf dem Boden einschlagen.

Dass der laserbasierte Blitzableiter auf dem Säntis installiert wurde, ist kein Zufall. Dort schlagen während der Gewitterhochphase in den Monaten Juni, Juli und August hunderte Blitze ein. Den Laser orientierten die Physiker so, dass er knapp über die Spitze eines 124 Meter hohen Turms auf dem Berggipfel hinwegstrahlte. Der Turm, ist mit Sensoren ausgestattet, die Blitzentladungen, elektromagnetische Felder, Röntgenstrahlung und andere von Blitzen verursachte Strahlung registrieren.

Mindestens 16 Mal wurde der Turm vom Blitz getroffen, erklären die Forscher. War der Laser aktiv, dann leitete sein Licht die Blitze ab. Der Blitzschlag folgt dem Laserpfad über seine rund 50 Meter lange Strecke, so das Team. Erst nach Ende des laserinduzierten Filaments schlug der Blitz wieder seinen ursprünglichen Weg ein.

„Die Ergebnisse des Säntis-Experiments liefern Indizien dafür, dass die von hochintensiven Laserpulsen gebildeten Filamente Blitzentladungen über beträchtliche Distanzen hinweg dirigieren“, erklärt Aurélien Houard, Erstautor der Studie. Anders als gängige Blitzableiter können die Laserstrahlen den Blitz schon hoch oben in der Atmosphäre umlenken, lange bevor er in die Nähe des zu schützenden Objekts kommt.

Der Laser als Blitzableiter steckt noch in den Kinderschuhen und muss optimiert werden, sagen die Forscher. „Doch unsere Ergebnisse ebnen den Weg für neue atmosphärische Anwendungen von Ultrakurzzeitlasern“, sagt Aurélien Houard. Die Experimente sind ein wichtiger Schritt in der Entwicklung eines laserbasierten Blitzschutzes für große Infrastrukturen, wie etwa Flughäfen oder Startrampen, zeigt sich Houard überzeugt.

 

Originalpublikation:

Aurélien Houard et al.

Laser-guided lightning

Nature photonics

Published online: 16 January 2023

doi.org/10.1038/s41566-022-01139-z