Die dunkle Seite des Universums
Das Kernelement des CRESST Experiments detektiert sogar Teilchen, die mit Materie kaum interagieren | © Max-Planck-Institut für Physik

Der Dunklen Materie auf der Spur

Die aktuelle Erwartung der Physiker ist, dass sich die Dunkle Materie in Form von bisher nicht entdeckten Teilchen darstellt, die im Vergleich zu anderen Elementarteilchen relativ schwer und zudem elektrisch neutral sind. Sie würden also völlig unbeeinflusst von der elektromagnetischen Kraft im Universum herumschwirren und sich in Beobachtungen des Universums ausschließlich durch ihre Gravitation äußern. So wären sie, genau wie Neutrinos, überall vorhanden. Auch die Erde würde ständig von diesen Teilchen durchdrungen werden.

Ein Versuch zur Klärung des Problems wird zum Beispiel unter dem italienischen Gebirgsmassiv Gran Sasso in Angriff genommen. Hier betreiben Wissenschaftler in einem vor der kosmischen und atmosphärischen Strahlung abgeschirmten Labor das CRESST Experiment.

»Wir versuchen mit unseren Detektoren, Teilchen der Dunklen Materie direkt nachzuweisen«, erklärt Dr. Achim Gütlein vom Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der an dem CRESST Projekt mitarbeitet. CRESST ist eine Abkürzung für »Cryogenic Rare Event Search with Superconducting Thermometers« und ist nicht nur der Name, sondern zugleich eine Kurzbeschreibung des Experiments. »Das gesamte Experiment ist für 36 separat auslesbare Detektormodule ausgelegt. Den Kern dieser Module bilden bis zu 300 Gramm schwere CaWO4-Kristalle. Wenn ein Teilchen der Dunklen Materie einen Atomkern in den Kristallen trifft, entstehen Gitterschwingungen, also Wärme. Diese messen wir mit einem hochsensiblen supraleitenden Thermometer.«

Zudem entsteht bei diesem Zusammenprall ein schwacher Lichtblitz, der zusätzlich zur Wärme gemessen wird. »Wenn zum Beispiel kosmische Strahlung oder natürliche Radioaktivität in den Versuchsaufbau eindringt, könnte sie ebenso einen Kernrückstoß verursachen, den man nur über das richtige Verhältnis zwischen Temperaturanstieg und Lichtsignal von Dunkler Materie unterscheiden könnte«, so Achim Gütlein. Da das zu messende Wärmesignal sehr schwach ist, müssen die Detektorkristalle möglichst weit heruntergekühlt werden und möglichst keine störende Wärmebewegung im Material übrig bleibt. Die Temperatur im Detektor beträgt während der Messung weniger als 20 mK, also 0.02 Grad über dem absoluten Nullpunkt (dieser liegt bei minus 273.15° Celsius).

Bei Dunkler Materie handelt es sich um eine Form von Teilchen, die von Natur aus sehr wenig mit anderer Materie wechselwirkt. Das bedeutet aber auch, dass der Nachweis extrem erschwert ist, da die erwarteten Signale sehr selten auftreten. Achim Gütlein: »Wir haben noch keine Dunkle Materie nachgewiesen. Unser Detektor ist aber mittlerweile so sensitiv, dass wir es erkennen würden, wenn nur zehn Dunkle Materie Teilchen pro Detektor in einem ganzen Jahr ein messbares Signal erzeugen würden.« Doch es ist wie so häufig in der Physik: Auch wenn kein Signal gemessen wird, kann dies ein interessantes Ergebnis sein, da somit weitere Möglichkeiten des zu lösenden Problems eingegrenzt und Theorien getestet werden.

»Wir haben natürlich die Hoffnung, durch weitere Sensitivitätssteigerungen der Detektoren den direkten Nachweis von Dunkler Materie zu schaffen«, sagt Dr. Gütlein. So wird das CRESST Experiment begleitet von Experimenten auf der Welt noch für mehrere Jahre weiter auf der Suche der Dunklen Materie sein. Aber bisher bleibt das Geheimnis der Dunklen Materie eines der größten Mysterien der modernen Physik.