Der Weg zum Quantennetzwerk
Ein einzelnes Dotieratom in einem nanophotonischen Siliziumchip wird verwendet, um Photonen mit einer Wellenlänge zu erzeugen, die mit der bestehenden Glasfaserinfrastruktur kompatibel ist. | © Abbildung: Christoph Hohmann, MCQST

Ein Lichtverstärker im Nanoformat

Dieser Resonator bestand jedoch nicht wie die meisten optischen Resonatoren aus Spiegeln, sondern aus einer bestimmten Struktur des kristallinen Siliziums: regelmäßig angeordnete Prägungen in dem Material, die nur wenige Nanometer (millionstel Millimeter) klein sind. Die gesamte Einheit maß nur ein paar Mikrometer und enthielt nur wenige Dutzend Erbium-Atome. Die Forscher koppelten sie an eine Glasfaser, über die Laserlicht zur Anregung der Atome in den sogenannten nanophotonischen Resonator eindringen konnte. „Auf diese Weise konnten wir die Emission einzelner Photonen mit den gewünschten Merkmalen erreichen“, erläutert Andreas Gritsch.

Andreas Gritsch am Kryostat, in dem das mit Erbium-Atomen dotierte Silizium bis auf wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlt wird. Foto:Thorsten Naeser

Damit haben der Physiker und sein Team eine Möglichkeit geschaffen, Qubits für den Transport von Quanteninformation gezielt zu erzeugen. Und: „Dass das in kristallinem Silizium gelingt, bietet noch eine zusätzliche Chance für die Realisierung von Quanten-Netzwerken“, sagt Reiserer. „Denn dieses Material wird seit Jahrzehnten zur Herstellung klassischer Halbleiter-Elemente verwendet, beispielsweise Mikrochips für Computer, Smartphones oder Navigationsgeräte.“ Die dafür erforderlichen Fertigungstechniken und Verfahren sind technisch ausgereift und in der Halbleiterindustrie längst etabliert. „So lassen sich auch Silizium-Kristalle für Anwendungen der Quantentechnologie wie dem Aufbau von Quantennetzwerken in hoher Qualität und Reinheit herstellen“, betont Reiserer – und das zudem recht kostengünstig.

Hinzu kommt ein weiterer Pluspunkt des von den Wissenschaftlern am MPQ und an der TU München entwickelten Systems: Die exzellenten optischen Eigenschaften der in Silizium eingebetteten Erbium-Atome zeigen sich – dank einer speziellen Art der Präparation – nicht nur direkt am absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius, sondern auch bei bis zu acht Grad über dieser Temperaturmarke. „Und diese wenigen Grad machen in der Praxis einen großen Unterschied“, erläutert Reiserer: „Denn solche Temperaturen sind durch Kühlen in einem Kryostaten mit flüssigem Helium technologisch leicht erreichbar.“ Auch das ebnet den Weg hin zu technischen Anwendungen.

Absolute Abhörsicherheit

Die könnten zum Beispiel für Finanzinstitute, medizinische Einrichtungen oder Regierungsbehörden von großem Interesse sein, wo mit sensiblen persönlichen Daten oder aus diplomatischen Gründen geheimen Informationen gearbeitet wird. Während sich heute selbst mit der besten Verschlüsselung keine vollständige Sicherheit garantieren lässt, böte ein Quantennetzwerk einen perfekten Datenschutz: Sobald ein unbefugter Lauscher die durch präparierte Photonen übertragenen Informationen abzufangen versuchte, gingen deren Quanteneigenschaften verloren und die Daten würden unbrauchbar.

 

Originalpublikation

Andreas Gritsch, Alexander Ulanowski, and Andreas Reiserer

Purcell enhancement of single-photon emitters in silicon

Optica 10, Issue 6, pp. 783-789 (2023)

doi.org/10.1364/OPTICA.486167