Der Stern von Bethlehem
Der Stern von Bethlehem mit einem Kometenschweif. So stellte schon der berühmte Wegbereiter der Renaissance Giotto di Bondone die Anbetung der Heiligen Drei Könige im Jahr 1302 in der Arenakapelle von Padua dar. | © Bildnachweis: © www.scienceblogs.de

Der Stern von Bethlehem

17. Dezember 2021 | von Dr. Veit Ziegelmaier

Ein zentrales Ereignis in der biblischen Schilderung von Christi Geburt ist das Aufscheinen des Sterns von Bethlehem. Sein helles Licht wies einst den Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Geburtsstätte Jesu. Um das biblische Geschehen zu bekräftigen, versuchten schon die Sternengucker und Astronomen der Vergangenheit nach wissenschaftlichen Beweisen und einer Erklärung für dieses Phänomen. Doch manchmal ist es vielleicht förderlicher, den Inhalt und die Aussage einer metaphorisch angelegten Erzählung auf sich wirken zu lassen, als deren Details bis in die Tiefe ergründen zu wollen.

„Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen:  Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten.“, so berichtet es das Matthäus Evangelium (Mt. 2,1-2). Und weiter, dass der Himmelskörper auf ihrer Reise vor ihnen herzog, bis sie an dem Ort der Bestimmung ankamen.

Um dieses Himmelsereignis entsprechend zu deuten und damit seine Plausibilität und den Wahrheitsgehalt der Erzählung herauszustellen, waren schon Gelehrte und Theologen seit dem frühen Christentum bemüht. Einer von Ihnen war Origenes, der bereits im dritten Jahrhundert berichtete, es müsse sich dabei um einen Kometen gehandelt haben. Seine Erkenntnis prägt bis heute nachhaltig unsere Vorstellung von einem Stern mit Schweif, wie ihn zahlreiche Bilder, weihnachtliche Illustrationen und Dekorationen zeigen. Doch sowohl für den Kern der Aussage der Überlieferung, wie für deren Verortung in der Realität tun sich dabei Schwierigkeiten auf. Zum einen galt in der Antike ein Komet als symbolhafter „Unheilsbringer“, was sich wiederum so gar nicht mit der Heilsgeschichte zusammenbringen lässt. Zum anderen nennt keine andere zeitgenössische Quelle außer der Bibel eine entsprechende Erwähnung über ein derart auffälliges Himmelsereignis, welches sich rund um Christi Geburt zugetragen haben soll. Möglich in diesem Zusammenhang wäre allenfalls der Halleysche Komet, der jedoch Berechnungen zufolge um das Jahr 12 v. Chr. am Himmel zusehen gewesen wäre, wohingegen man Christi Geburt im Vergleich mit anderen Quellen heute um die Jahre 7 bis 4 v. Chr. datiert. Die Heiligen Drei Könige hätten somit eine sehr lange Anreise gehabt, die sie bereits Jahre vor der eigentlichen Geburt des Kindes angetreten hätten.

Doch gibt es noch weitere Varianten, den Weihnachtsstern realen Ereignissen am Himmel zuzuordnen. Demnach sollten zwei Planeten um den Zeitraum von Christi Geburt sich so nahe am Himmel gekommen sein, dass man sie für einen alles überstrahlenden Stern gehalten haben mag. Diese Theorie aus dem späten Mittelalter griff im beginnenden 17. Jahrhundert der berühmte Astronom Johannes Kepler auf und versuchte sie zu bestätigen. Er selbst beobachtete um das Jahr 1604 eine neue und eigentümliche Lichtquelle am Abendhimmel. Dabei handelte es sich um eine Konjunktion, also eine Begegnung von Merkur, Jupiter und Saturn am Himmel. Keplers anschließenden Berechnungen zufolge müsste es eine ähnlich nahe Konstellation von Jupiter und Saturn im Sternbild Fische auch um das 7. v. Chr. gegeben haben. Später konnte Kepler zudem Zeuge einer Supernova werden, die alles am Nachthimmel überstrahlte. Er ging davon aus, dass dies auch um Christi Geburt der Fall gewesen sei und verknüpfte die Ereignisse einer Planetenkonjunktion zwangsläufig mit dem Auftreten einer Supernova, was aus heutiger Sicht jedoch nichts miteinander zu tun hat. Keplers Theorie galt dennoch lange Zeit als die wohl wahrscheinlichste. Nicht zuletzt auch wegen ihrer Symbolkraft. So galt Jupiter seit jeher als der „Königsplanet“ und Saturn wurde sinnbildlich mit dem Volke Israels in Verbindung gebracht, wie auch das Sternbild Fische mit dem Land Judäa in einer metaphorische Beziehung stand. Dies verleiht der Weihnachtsgeschichte zusätzlichen Symbolcharakter und man möchte meinen, die Weisen aus den Morgenland haben dies entsprechend verstanden und gedeutet. Doch zweifelt man auch hier, ob derartige Auslegungen für die Gäste aus der Ferne evident waren. Zudem gibt es in den erhaltenen babylonischen Keilschrifttafeln keinen Hinweis darauf, dass die von Kepler vermutete seltene Sternenkonjunktion ein außergewöhnliches und bemerkenswertes Ereignis für die damaligen Menschen vor Ort dargestellt hätte.

Heutige Berechnungen haben zudem ergeben, dass sich Jupiter und Saturn seinerzeit gar nicht so nahe gekommen sind, als dass man sie für nur einen einzigen hell leuchtenden Stern gehalten haben könnte. Und in der Bibel ist explizit nur von einem Stern die Rede. Es mag aber auch noch eine andere Sternenkonjunktion in Betracht gezogen werden. So meinen Astronomen, dass zwischen den Jahren 3 und 2 v. Chr. sich Venus und Jupiter am Himmel so nahe standen, dass man sie möglicherweise als nur einen hellen Himmelsköper wahrgenommen hat. Jedoch passt dies wiederum zeitlich nicht so recht zum angenommenen Geburtsdatum des Heilands.

Und so steht man am Ende wiederum am Anfang, denn alle gut gemeinten Erklärungsversuche ergeben kein wirklich einheitliches und zutreffendes Bild. Letztlich mag man den Stern von Bethlehem als das nehmen, wie er im Evangelium geschildert wurde, als ein leuchtendes Sinnbild für die Ankunft Christi. Eine Herleitung findet sich hierfür auch in der Überlieferungstradition. Denn schon im Alten Testament gibt es im vierten Buch Moses eine Prophezeiung, die sich mit Christi Geburt zu erfüllen scheint: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen.“ In diesem Sinne wünscht Euch und Ihnen die Photonworld-Redaktion frohe Festtage und einen gelungenen Start ins neue Jahr!