Geritzt! Blindgängergefahr kann mit dem Laser gebannt werden.
Plopp und zisch, statt bumm: Einen erfolgreichen Feldversuch mit der laserbasierten Deflagration eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg haben Forscher des LZH und Experten des Hamburger Kampfmittel-Räumdienstes jetzt durchgeführt. Die Methode schont sowohl Menschenleben als auch Haus, Hof und Staatssäckel. | © Laser Zentrum Hannover e. V. (LZH)

Geritzt! Blindgängergefahr kann mit dem Laser gebannt werden.

28. Oktober 2019 | von Peter Königsreuther / MM MaschinenMarkt

Noch 80.000 bis 100.000 Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg sollen in Deutschland liegen. Tausende müssen jährlich entschärft werden. Forscher und Feuerwerker zeigen nun wie das mit dem Laser gefahrloser klappt.

Das Projekt DEFLAG „Sichere Deflagration von Blindgängern durch Lasertechnologie“, das vom Laser Zentrum Hannover e. V. (LZH) und der Laser on Demand GmbH in Kooperation mit dem Kampfmittel-Räumdiest Hamburg (KRD) bearbeitet wurde, offenbart jetzt per Feldversuch seine menschenschonenden Früchte, heißt es. Denn der laserbasierte Ansatz, der dem Projektziel zugrunde liegt, könnte zukünftig für mehr Sicherheit für Kampfmittelräumer sorgen.

Ein Entschärfungsversuch auf einem Sprengplatz verlief laut Aussage der beteiligten LZH-Forscher ganz nach Plan: Anstatt eine Detonation zu initiieren, „ploppte“ der chemische Zünder aus dem Testobjekt, eine 500-Pfund-Bombe, heraus, die Hülle platzte entlang der vorgegebenen Nut, die der Laser geschnitten hat auf, und nur ein sehr geringer Teil des Sprengstoffs explodierte. (Anmerkung der Redaktion: Man bedenke, dass eine 500-Pfund-Bombe einen Krater erzeugt, in dem bequem ein halbes Einfamilienhaus Platz findet! Und immer wieder verlieren bei der üblichen Entschärfungsmethode die Spezialisten ihr Leben. Von den Kosten und Umständen einer Evakuierungsmaßnahme gar nicht erst zu reden.)

Automatische Deflagration von Bomben ist feldtauglich

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am LZH entwickelten im Rahmen des Projekts den Prozess zur automatisierten Deflagration, heißt es dazu. Dabei wird im ersten Schritt mit einem 2-kW-Festkörperlaser eine Nut in die Bombenhülle eingebracht - also nicht bis zum heiklen Inhalt geschnitten. Danach wird im zweiten Schritt der Sprengstoff kontrolliert zu einer Deflagration gebracht, wobei er relativ harmlos verbrennt. Weil die Systemtechnik in diesem Fall noch starker Hitze und Druck ausgesetzt ist, hat das LZH zusammen mit seiner Ausgründung Laser on Demand GmbH einen recht günstigen, 3D-gedruckten Laserbearbeitungskopf mit optischen Standardkomponenten entwickelt, so die Forscher. Der Umgang mit dem Kampfmittel und dem Sprengstoff in den Praxisversuchen und beim finalen Feldversuch mit der 500-Pfund-Bombe erfolgte dabei durch das Personal des Kampfmittel-Räumdienstes Hamburg.

Auch unter Wasser drohen die explosiven Altlasten

Diese vielversprechenden Ergebnisse sind nun Grundlage für weitere Forschungsprojekte, um das Verfahren möglichst bald einsetzen zu können, heißt es weiter. Außerdem wollen die Partner den Prozess und die Systemtechnik für den Einsatz unter Wasser adaptieren. Denn mehr als 1,5 Mio. t Weltkriegsmunition werden noch in Nord- und Ostsee vermutet oder liegen am Grunde von Flüssen, weil sie nach dem Krieg hineingekippt wurden oder im weichen Schlamm nicht detoniert sind. Das Vorhaben DEFLAG „Sichere Deflagration von Blindgängern durch Lasertechnologie“ wird im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit 2012-2017“ der Bundesregierung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Assoziierter Partner ist die Feuerwehr Hamburg / Kampfmittelräumdienst (KRD).

Ein Gastbeitrag mit freundlicher Genehmigung von

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