„Tornadojäger“ der Sonne
© NASA/SDO

Wie entstehen Sonneneruptionen?

Sonneneruptionen bilden sich aus dem komplexen Zusammenspiel von Phänomenen in der Atmosphäre der Sonne. Damit solare Ausbrüche überhaupt entstehen können, müssen wir Gebiete hoher magnetischer Feldstärke aufsuchen, die sich in der Chromosphäre der Sonne befinden. Die Chromosphäre ist eine Gasschicht, die überwiegend aus Wasserstoff und Helium besteht. Ihre starken Magnetfelder kann man finden, da sie an Stellen auftreten, die dunkler sind als der Rest der Sonnenoberfläche. Denn direkt unter der Chromosphäre liegt die Photosphäre, wo starke Magnetfelder den Hitzetransport vom Inneren an die Sonnenoberfläche behindern. Diese Stellen sind also kühler und strahlen weniger sichtbares Licht ab. Man spricht deshalb von „Sonnenflecken“.

Um solare Ausbrüche zu erzeugen, braucht es allerdings mehr als nur starke Magnetfelder. Über der Chromosphäre liegt die Korona, eine Schicht, die sich Millionen von Kilometern ins Weltall ausbreitet. Man kann sie am besten während einer Sonnenfinsternis sehen: wenn der Mond die Sonne verdeckt, leuchtet die Korona nämlich wie ein glühender Ring. Das Wort „Korona“ leitet sich auch aus dem Lateinischen ab und bedeutet „Krone“. Sie besteht aus „Plasma“, d.h. ionisiertem Gas — also aus Ionen und Elektronen. Diese geladenen Teilchen werden durch die Konvektionsbewegungen im Inneren der Sonne in Bewegung gebracht. Die Elektronen besitzen aufgrund ihrer geringeren Masse eine höhere Geschwindigkeit als die Ionen. Der Rest ist eigentlich Elektrotechnik.

Wenn sich ein Leiter, in diesem Fall das Plasma, mit Geschwindigkeit in ein magnetisches Feld bewegt, wird Spannung erzeugt. Man nennt dies „Induktion“. Die sogenannte „Lorentzkraft“ drückt die Elektronen im Leiter in eine Richtung. So entsteht an einem Ende ein Überschuss an Elektronen, also ein Minuspol, und am anderen Ende ein Defizit, also ein Pluspol. Zwischen diesen Polen liegt dann eine Spannung an. Da sich die magnetischen Feldlinien von der Oberfläche der Sonne in die Korona ausbreiten, treibt das Plasma vom Fußpunkt der Feldlinien nach außen.

Video: NASA's Goddard Space Flight Center/SDO/Genna Duberstein. Am 17. April 2016 fing das NASA Solar Dynamics Observatory eine Sonneneruption ein. Das bei solchen Eruptionen entsandte Licht hat Wellenlängen im extremen UV Bereich und ist für das menschliche Auge unsichtbar. Aus diesem Grund wurden die verschiedenen Wellenlängen im Video farbkodiert.

Das Resultat ist ein Strom, der parallel zum Magnetfeld in die Korona hineinläuft. Voraussetzung für dieses Phänomen ist, dass entgegengesetzt gerichtete Magnetfelder aufeinander treffen. Damit Strom fließen kann, muss auch ein Widerstand her: das Plasma. So entstehen „Magnetfeldbögen“, auch „Flares“ genannt, die sich nach außen wölben und die Teilchen des Plasmas „einfangen“. Ein Teil des Plasmas bewegt sich dann entlang von Spiralbahnen um die Feldlinien. Ein großer Teil der elektrischen Leistung wird in der Korona „verheizt“. Das ist wahrscheinlich auch ein Grund dafür, warum die Korona mehrere Millionen Grad heiß ist, obwohl an der Oberfläche der Sonne nur etwa 6.000 Grad herrschen.

Kollidieren verschiedene Magnetfeldschläuche nun miteinander, so schließen sich die Magnetfeldlinien kurz. Die Struktur der Magnetfelder ändert sich abrupt und riesige Energiemengen werden frei. Wissenschaftler glauben, dass die sogenannte „Rekonnexion“ hinter diesem Phänomen steckt. Neue Feldlinien entstehen senkrecht zu den ursprünglichen und weiteres Plasma dringt nach. Die Magnetfeldschläuche und das eingeschlossene Plasma werden weg katapuliert. So eine Plasmawolke, die ins All entweicht, wird als „koronaler Massenausstoß” bezeichnet. Strahlung des gesamten elektromagnetischen Spektrums wird frei — von Radiowellen mit langen Wellenlängen bis hin zu Röntgen- und Gammastrahlen von kurzen Wellenlängen.