Laserlicht für das Weltkulturerbe
Mit Laserscannern haben Forscher die Kathedrale Notre Dame vor dem großen Brand vermessen. Die Daten helfen nun bei ihrem Wiederaufbau. | © Foto: Andrew Tallon

Laserlicht für das Weltkulturerbe

9. April 2020 | von Thorsten Naeser

Laserscan-Technologien bieten Restauratoren und Architekten die Möglichkeit hochpräzise 3D-Modelle anzufertigen. So haben Spezialisten mit Hilfe von Laserscannern die Pariser Kathedrale Notre Dame in 3D-Modellen erfasst. Die Simulationen helfen nun beim Wiederaufbau. Die Technologie wird seit Jahren immer präziser und bietet Potential für Innovationen, wie ein Unternehmen in Wangen im Allgäu immer wieder beweist.

Paris stand unter Schock, als am 15. April 2019 ein Großbrand seine weltberühmte Kathedrale Notre Dame teilweise zerstörte. Vor allem das hölzerne Dachgeschoss wurde fast komplett zerstört. Lange Zeit bröckelten noch Steine von der stark in Mitleidenschaft gezogenen Fassaden des historischen Bauwerks.

Schon kurz nach dem Inferno begann man mit der Renovierung der Kathedrale. Hilfreich für die Rekonstruktion ist nicht zuletzt Laserlicht. Denn Notre-Dame wurde schon vor dem Brand von innen und außen in millimetergenauen Laserscans dokumentiert. Der 2018 verstorbene Architekturhistoriker Prof. Andrew Tallon hatte die Kathedrale 2010 mit einer Leica ScanStation C10 aus 50 verschiedenen Perspektiven gescannt. Dabei sammelte sein Team rund eine Milliarde Datenpunkte und verknüpfte zusätzlich die Referenz-Messpunkte mit Panorama-Fotografien. Entstanden ist so ein detailgenaues 3D-Modell des gotischen Bauwerks.

Auch kurz nach dem Brand waren an Notre Dame wieder 3D-Laserscanner im Einsatz. Spezialisten, die schon zuvor mit Andrew Tallon gearbeitet hatten, rückten mit FARO Focus Laserscannern an, um das filigrane Bauwerk erneut zu vermessen. Durch den Abgleich haben die Restauratoren nun ein so genanntes Building Information Model (BIM) erstellt. Durch diese Simulationstechnik, die die Bauwirtschaft bei Gebäude- und Infrastrukturprojekten mittlerweile sehr gerne einsetzt, sind nun die besten Voraussetzungen geschaffen, das UNSECO-Weltkulturerbe wieder so aufzubauen, wie es vor der Katastrophe ausgesehen hat.

Auch der Kölner Dom wurde schon mit Laserscannern vermessen. Foto: Zoller und Fröhlich

Doch nicht nur Notre Dame ist mit Hilfe von Laserscannern vermessen worden. Auch der Kölner Dom wurde von einem internationalen Team unter der Leitung von Prof. Christopher Wickenden von der Hochschule Fresenius und Prof. Douglas Pritchard von der Herriot Watt Universität, Edinburgh, in den Jahren 2015/16 mit Laserscannern in Kombination mit Panoramafotografien dokumentiert. „So haben wir ein äußerst detailliertes, dreidimensionales Modell des Domes angefertigt“, erklärt der Visualisierungs-Spezialist. Dazu haben die Experten den gesamten Dom von mehr als 650 Standpunkten aus dokumentiert mit einer Auflösung von jeweils rund 3 Millimeter auf zehn Meter. „Wir verwenden die Daten, etwa um Veränderungen an der Bausubstanz, wie Rissbildungen oder Bewegungen von Steinen zu analysieren“, ergänzt Wickenden. Ebenso kann man nun Skulpturen oder Ornamente in 3D rekonstruieren und somit deren faszinierenden Formenschatz für die Nachwelt erhalten.

Die Technik für diese aufwendige Dokumentation hat die Allgäuer Firma Zoller und Fröhlich beigesteuert. „Mit unseren Laserscannern konnten wir helfen den Kölner Dom mit seinen wunderschönen filigranen Strukturen in der nötigen hohen Auflösung für die Zukunft zu dokumentieren“, erläutert Christoph Held, Applikations-Ingenieur bei Zoller und Fröhlich. Die Firma gehört zu den führenden Anbietern von Laserscannern weltweit.

Seit der Erfindung des phasen-basierten Laserscanners Anfang der 1990er durch Z+F, haben die Allgäuer Ingenieure die Technik immer weiter verfeinert. „Wir haben Laserscanner etwa mit HDR- und Thermographie-Kameras gekoppelt“, erklärt Held. Und der Spielraum für Verbesserungen ist noch lange nicht ausgereizt, zeigt sich der Ingenieur begeistert. „Gerade für junge Laserphysiker bietet sich bei uns ein spannendes Umfeld, um Innovationen in der Erfassung der Realität voranzutreiben“, sagt Held.