Der Motor des Lebens

Der Motor des Lebens

Die Sonne wird der Erde noch sechs Milliarden Jahre erhalten bleiben

10. Dezember 2015 | von Thorsten Naeser

Die Geburt von Sternen ist chaotisch. Heiße und kalte Gase vermischen sich in einem gewaltigen Tohuwabohu. Dazu gesellen sich Molekülwolken aus komplexen chemischen Elementen. Staubwolken kommen dazu, Ultraviolettstrahlung bombardiert den Mix. Dann ballen Magnetfelder und vor allem die Schwerkraft die ganze Materie zusammen. So oder sehr ähnlich ist unsere Sonne vor rund 4,7 Milliarden Jahren entstanden.

Der gigantische Gasballon, der uns durch sein Licht das Leben auf der Erde ermöglicht, ist relativ jung. Rund acht Milliarden Jahre nachdem das Universum entstanden ist, ballten sich vor allem Wasserstoff und Helium, zusammen. Durch die Massenansammlung stieg die Dichte immer weiter und damit im Inneren auch die Temperatur. Das Gas verdichtete und erhitzte sich unaufhörlich. Langsam entstand ein Protostern. Sobald das Innere des Protosterns eine Temperatur von mehreren Millionen Grad erreicht hatte, kam es zur Verschmelzung von Wasserstoffkernen zu Helium. Die Kernschmelze begann. Jetzt wurde enorm viel Energie frei, die der Protostern in Form von Licht und Wärme nach außen abgab. Unsere Sonne begann zu leuchten! Bis dahin sind nun zehn Millionen Jahre vergangen. In ihrem Inneren herrschen heute rund 15 Millionen Grad Celsius, die Oberfläche jedoch ist gerade mal 6000 Grad heiß.

Gigantische Ereignisse wie die Geburt unserer Sonne gibt es permanent in unserem Universum. Die wilde Romantik dieser Sternengeburten fängt fast täglich das Hubble Weltraumteleskop ein. Die ursprünglich schwarz-weißen Bilder, wie etwa der Adler Nebel, werden von Experten am Space Telescope Science Institute in Baltimore theatralisch eingefärbt und zeigen das Weltall in einer faszinierenden Schönheit.

Und doch scheint es, als ob wir allein auf weiter Flur wären. Denn das nächste sonnenähnliche Sternensystem »Alpha Centauri« ist gut 4,3 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Die Distanz ist fast unvorstellbar weit. Das Licht legt pro Sekunde knapp 300.000 Kilometer zurück. Damit schafft es pro Jahr 9.460.800.000.000 Kilometer, also knapp 9,5 Billionen Kilometer. Zum Vergleich: die Sonne ist von der Erde rund 150 Millionen Kilometer entfernt, für die das Licht etwa acht Minuten benötigt.

Die Sonne unter Beobachtung

Schon vor vielen Jahrtausenden begannen die Menschen das Geschehen am Himmel aufzuzeichnen. So entstand schon vor knapp 4000 Jahren eine kreisförmige Bronzeplatte, die so genannte Himmelsscheibe von Nebra. Sie zeigt Sterne, den Mond und wahrscheinlich einen Sonnenauf- und untergang. Heute gilt die Scheibe als die weltweit älteste konkrete Darstellung des Himmels und seiner Gestirne. Die Himmelsscheibe ist im Bestand des Landesmuseums für Vorgeschichte Sachsen-Anhalt in Halle.

Vieles was wir heute über die Sonne und ihre unzähligen Artgenossen im Universum wissen, können wir direkt aus deren Strahlung herauslesen. Einer der ersten Wissenschaftler, die das erkannten war Joseph von Fraunhofer (1787—1826). Im Jahr 1814 forschte Fraunhofer im Kloster Benediktbeuern. Dort machte Fraunhofer seine wichtigste Entdeckung: Im Licht sind eine Menge Informationen versteckt. Der Physiker erkannte das, als er das weiße Sonnenlicht in seine Farben aufspaltete. Dabei bemerkte er, dass sich an einigen Stellen der Farbpalette dunkle Streifen befinden. Das war noch keine Sensation, denn diese unbeweglichen Streifenmuster hatte schon der englische Chemiker William Wollaston (1766—1828) bemerkt, konnte sie aber nicht deuten.

Fraunhofer löste das Rätsel. Er erkannte, dass diese Striche in der Natur des Sonnenlichts liegen. Die nach ihm benannten Fraunhofer‘schen Linien sind Absorptionslinien. Sie entstehen durch das Ausschalten bestimmter Wellenlängen des Lichts durch Gase, die sich in der Sonnenchromosphäre befinden. Die Chromosphäre ist eine Schicht um die Sonne, die vor allem aus Helium und Wasserstoff besteht, aber auch Spuren anderer Elemente enthält. Fraunhofer erkannte, dass chemische Elemente in Gasform, die von einer dahinter liegenden Lichtquelle durchleuchtet werden, bestimmte charakteristische dunkle Absorptionslinien im Spektrum der Lichtquelle hinterlassen. Die gasförmigen Elemente blockieren genau die Wellenlängen der Lichtquelle, die sie selbst abstrahlen würden, wenn sie heiß genug wären.

Mit Fraunhofers Entdeckung wurde es erstmals möglich, genauere Einblicke in das ferne Universum zu erhalten. Denn jeder Stern sendet solche Absorptionslinien aus. Sie befinden sich, je nach Stern, an unterschiedlichen Stellen und verraten damit wie dessen Atmosphäre zusammengesetzt ist.

Alles, was wir heute über das Universum wissen, lesen wir aus dem Licht heraus, das die Erde erreicht. Dieses Licht kommt selbst aus den dunkelsten Ecken des Kosmos bis zu uns. Die »älteste« Strahlung, die Astronomen heute einfangen, ist die kosmische Hintergrundstrahlung. Sie stammt aus der Zeit von rund 380.000 Jahren nach dem Urknall, der vor rund 13,8 Milliarden Jahren stattfand.