Wie entstand das Leben auf der Erde?
© Tschechische Akademie der Wissenschaften

Wie entstand das Leben auf der Erde?

28. April 2017 | von Thorsten Naeser

Martin Ferus, Svatopluk Civiš und ihr Team von der tschechischen Akademie der Wissenschaften und Universität Sorbonne in Paris haben die Bedingungen auf der jungen Erde vor 4,5 Milliarden Jahren simuliert und dabei die Entstehung von Biomolekülen beobachtet. Blitze und Schockwellen könnten dabei eine wichtige Rolle gespielt haben.

Wie das Leben auf der Erde entstand ist bis heute nicht vollständig geklärt. Vor rund 4,57 – 4,1 Milliarden Jahren war der Blaue Planet unwirtlich, es gab keinen Sauerstoff, orkanartige Stürme trieben meterhohe Wellen über die Meere. Heftige Gewitter fegten über das Land. Die Uratmosphäre bestand vor allem aus Kohlendioxid, Stickstoff, Methan, Wasserdampf, Schwefelwasserstoff, Blausäure und also Ammoniak mit Kohlenmonoxid. Genaue Komposition ist nicht bekannt. Was vor mehr als 4,1 Milliarden Jahren geschehen sein könnte stellten im Jahr 1953 Harold Urey und Stanley Miller an der Universität Chicago nach. Urey und Miller simulierten die unwirtlichen Bedingungen von damals in einem Glaskolben. Sie setzten das Uratmosphären-Gemisch über Elektroden einem Gewitterinferno aus und bestrahlten es mit ultraviolettem Licht. In dem Reagenzglas bildeten sich nach einigen Tagen organische Verbindungen, die als Grundlage des Lebens gelten.

Ob sich aber auch die Ribonukleinsäure RNA und damit der wahrscheinliche Vorläufer des Erbmoleküls DNA unter diesen Umständen gebildet worden ist, konnten Urey und Miller damals nicht nachweisen.

Martin Ferus, Svatopluk Civiš und ihren Kollegen von der tschechischen Akademie der Wissenschaften haben nun den historischen Versuch aufgegriffen und ihn weitergeführt. Dabei gelang es den Wissenschaftlern alle für die Bildung von RNA wichtigen Bestandteile, so genannte Nukleobasen, in einer „Ursuppe“ ähnlich der im Miller-Urey-Experiment zu produzieren.

Ursuppe

Asterix Laser

Die Forscher erschufen eine Atmosphäre aus Ammoniak, Kohlenmonoxid und Wasserdampf, dazu eine „Erde“ aus Ton und Wasser. Das Gemenge setzten die Wissenschaftler elektrischen Entladungen aus, die Blitzen in der Natur ähnelten. Mit rund 350 Pikosekunden langen Laserpulsen simulierten die Forscher zusätzlich Schockwellen und die Hitze von Asteroideneinschlägen. Dabei entstanden Temperaturen von mehr als 4000 Grad Celsius. Bei beiden Ereignissen geht man davon aus, dass sie die notwendige Energie liefern um Biomoleküle entstehen zu lassen.

Die Experimente bestätigten die Forscher. Während des Bombardements mit Laserlicht und Elektrizität entstanden Formamid und Cyanwasserstoff. Diese beiden Verbindungen sind Vorstufen von Biomolekülen. Schließlich erhielten die Wissenschaftler alle Bausteine, die für die Bildung von RNA notwendig sind. „Wir haben alle für die Bildung von genetischer Code notwendigen Nukleobasen erhalten“, erklärt Martin Ferus. „Das sind Uracil, Cytosin, Adenin, Guanin und zudem Harnsäure und die Aminosäure Glycin.“

Damit konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das Vorhandensein einer sehr einfachen Mixtur aus Ammoniak, Kohlenmonoxid und Wasserdampf und dazu Ton und Wasser ausgereicht haben könnten, um die Grundlage für das Leben auf der Erde zu schaffen. Blitze und Asteroideneinschläge könnten die notwendigen Energien für die Synthese von Biomolekülen geliefert haben.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch der Untergrund eine wichtige Rolle bei der Synthese von Biomolekülen spielt“, sagt Martin Ferus. Der mineralische Boden sammelt und schützt die Moleküle. „Das frühe Leben auf der Erde könnte durch die Strukturen von Mineralen aus dem Boden unterstützt worden sein“, vermutet Ferus. „Es ist gut möglich, dass sich Wasser und Biomoleküle zusammen verfangen haben in Mineralstrukturen wie sie etwa Ton bietet“, erklärt Ferus. Dort könnten dann durch Schockereignisse, wie Asteroiden-Einschläge, erste reaktionsfähige Moleküle, so genannten Monomere, entstanden sein. Anschließend könnten sich im Schutz der Mineralstrukturen Polymere, die aus mehreren Molekülen bestehen, entwickelt haben. „Dann wäre die Möglichkeit für die Entwicklung erster Stoffwechselvorgänge gegeben“, so Ferus.