Geheime Botschaften im Licht

Geheime Botschaften im Licht

3. Juli 2018 | von Thorsten Naeser und Silke Stähler-Schöpf

Die Quantenkryptografie bietet die Chance, die Kommunikation der Zukunft abhörsicher zu gestalten. Im Schülerlabor PhotonLab am Max-Planck-Institut für Quantenoptik haben Schüler die Möglichkeit, sich mit der Technologie in einem Analogexperiment vertraut zu machen.

Wer etwas im Vertrauen mitzuteilen hat, der möchte sicher sein, dass kein Dritter ungebeten mithört. Das ist gar nicht so einfach, selbst Wände oder vor allem Datenautobahnen haben manchmal große Ohren. Bis heute gibt es keine Kommunikationstechnologie, die wirklich zu 100 Prozent abhörsicher ist.

Gut, dass es die Quantenphysik gibt. Denn im Gegensatz zur klassischen Physik ist es in dieser Welt niemals möglich den Zustand eines Quantenteilchens perfekt zu kopieren. Erst 1982 wurde dieses quantenphysikalische Grundprinzip, das "no-cloning-theorem" bewiesen. Das hat zur Folge: Wer ein Quantenteilchen losschickt und es mit einer Botschaft anreichert, kann sicher sein, dass der Empfänger die Informationen nur zuverlässig lesen kann, wenn er im Experiment die richtigen Einstellungen gewählt hat. Sollte eine dritte Person die Botschaft abhören, könnte sie das empfangene Photon nicht klonen und dann weiterschicken und würde somit als Spion auffliegen.

An der Verschlüsselung von Botschaften mit Hilfe von Quanten arbeiten weltweit zahlreiche Forschungsgruppen. In der Quantenkryptografie wurden bisher schon beachtliche Erfolge erzielt. Ein Team um Prof. Harald Weinfurter am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) gehört dabei zu den erfolgreichsten Quantenkryptografen. Nicht zuletzt deshalb haben Schüler beim Besuch des Schülerlabors PhotonLab am MPQ die Gelegenheit in einem Experiment eigenständig sich mit der Quantenkryptografie vertraut zu machen.

Das Prinzip, das die Schüler sich dabei experimentell erarbeiten, ist folgendes: Um eine digitale Nachricht abhörsicher zu übertragen, muss diese Nachricht – bestehend aus einer bestimmten Folge von Nullen und Einsen mit einem gleichlangen Schlüssel – bestehend aus einer zufälligen Folge von Nullen und Einsen – verschlüsselt werden. Wenn Sender und Empfänger den gleichen Schlüssel haben, kann die Nachricht ver- bzw. entschlüsselt werden. Selbst wenn die Nachricht dann von einem Lauscher abgefangen wird, kann dieser wegen der Zufälligkeit des Schlüssels nichts damit anfangen.

Die Aufgabe ist also, einen zufälligen digitalen Schlüssel zu kreieren, der nur dem Sender und dem Empfänger zur Verfügung steht. Die Bits wie Null und Eins werden in der Quantenkryptografie einzelnen Photonen aufgeprägt, weil diese sich gut durch Fasern oder in der Luft mithilfe von Teleskopen übertragen und messen lassen. Die Information wird auf den Lichtquanten durch ihre Polarisation, d.h. die „Schwingungsrichtung“ der elektromagnetischen Welle, kodiert. Ein Spion, der das kodierte Photon heimlich „abhören“, also seine Polarisationsrichtung herausfinden will, kann es nicht einfach abzweigen und messen, denn dann würde es nie zum Empfänger gelangen. Auch das Photon zu messen oder zu kopieren ist nicht möglich, denn hier macht die Quantenphysik einen Strich durch die Rechnung. Die Quantengesetze erlauben es nicht, Messungen an Quantenzuständen durchzuführen, ohne diese zu beeinflussen. Dieselben Gesetze verbieten es dem Spion, eine identische Kopie des Photons zu erzeugen und die Messungen an dieser Kopie durchzuführen, um unentdeckt zu bleiben. Immer wenn der Spion versucht, den Schlüssel abzuhören, ändert er also zwangsläufig den Quantenzustand des Teilchens und würde durch einfache Tests entdeckt.

Im Schülerlabor PhotonLab gibt es dazu ein Analogie-Experiment. Das System bietet die Firma Thorlabs kommerziell an. Mit der Technik übertragen die Schüler Informationen (0 oder 1) über polarisiertes Laserlicht. Der Laser im Versuchsaufbau (Alice) sendet linear polarisiertes Licht aus. Das Licht verlässt den Laser also nur in einer Polarisationsrichtung und kann nun von sogenannten Polarisationsdrehern um einen beliebigen Winkel gedreht werden. Im Versuch wird -45° bzw. 0° polarisiertes Licht für das Bit 0 und 45° bzw. 90° für das Bit 1 verwendet. -0° und 90° werden der Basis + zugeordnet und -45° und 45° der Basis x. Alice verschickt nun die zufällig gewählten Bits 0 oder 1 über die Polarisation des Lichts d.h. zufälliges Einstellen des Polarisationsdrehers an den Empfänger (Bob). Bob hat auch einen Polarisationsdreher und wählt damit zufällig die Basis (+ oder x) aus, in der er misst. Wenn beide Basen – zufällig - übereinstimmen, wird Bob als Messergebnis genau die von Alice eingestellte Polarisation erhalten und damit auch den entsprechenden Bitwert. Bei welchen Bits die Basen übereinstimmen, kann öffentlich geklärt werden. Nur die Bits, die so empfangen wurden ergeben den Schlüssel. Nun betritt der Spion (Eve) die Bühne. Im einfachsten Fall besteht Eve aus einer Empfangseinheit (entsprechend Bob) und einer Sendeeinheit (entsprechend Alice). Eve muss sich nun entscheiden in welcher Basis (+ oder x) sie das ankommende Photon misst. Sie wird dann gerade das beobachtete Ergebnis (z.B. 90°) an Bob weiterschicken. Hat sie die falsche Basis gewählt, so ist ihr Ergebnis zufällig und unabhängig von der Einstellung bei Alice. Das Ergebnis bei Bob wird dementsprechend ebenfalls zufällig sein, auch wenn er in der gleichen Basis wie Alice misst. Wenn Bob und Alice ihre Basen abgleichen, müssen sie, um Eve zu entdecken daher auch einige Bits vergleichen. Treten bei einer Testsequenz Unterschiede auf (z.B. Alice sendet 1 in Basis x, Bob empfängt in Basis x, erhält aber 0), dann ist ein Lauscher in der Leitung!

Das Labor längst verlassen hat die Quantenkryptografie in der Technologie-Forschung. Im Jahr 2013 ist es dem Team um Harald Weinfurter und Sebastian Nauerth von der Fakultät für Physik der LMU in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gelungen, einen Quantenschlüssel zwischen einem Flugzeug und einer Bodenstation, 20 Kilometer durch die Atmosphäre, zu übertragen. Damit wurde erstmals eine Verbindung per Quantenkryptografie mit einem sich schnell bewegenden Objekt hergestellt.

Zwischen der Empfängerstation am Boden und dem Sender auf dem Flugzeug wurden Lichtsignale gesendet. Bei der Übertragung von einem mobilen Sender war die besondere Herausforderung, die Lichtteilchen trotz der Vibrationen im Flugzeug zielgenau zum Teleskop zu bringen. „Mit Hilfe von schnell beweglichen Spiegeln konnte auch während des Fluges eine Zielgenauigkeit von weniger als drei Meter über 20 Kilometer Entfernung erreicht werden“, berichtet Florian Moll, Projektleiter am DLR-Institut für Kommunikation und Navigation. Mit dieser Präzision könnte Wilhem Tell den Apfel noch auf eine Entfernung von 500 Metern treffen. Inzwischen ist die Entwicklung schon weiter fortgeschritten, im letzten Jahr konnte ein Schlüssel mit einem speziellen Satelliten ausgetauscht werden und so auch zwischen weit voneinander entfernten Bodenstation sicher Nachrichten austauscht werden.

Für die Zukunft müssen die Systeme vor allem verkleinert, für Smartphones oder PC’s angepasst und die Bedienbarkeit verbessert werden. Aber Achtung, selbst wenn man den Übertragungsweg der Daten dadurch komplett abhörsicher gestalten könnte, blieben als Angriffspunkte für Hacker immer noch die Geräte und Nutzer selber.